die Frage: Welche Möglichkeiten hat Design in schwierigen Zeiten?

30.03.2020
u00a9Martin Lutz
u00a9Martin Lutz

„Traditionell wirft sich das Design gerne in Macher-Pose. Wo Not am Mann ist, sehen sich nicht zuletzt DesignerInnen gerne dazu aufgefordert, anzupacken und sich der Probleme schnellstmöglich zu entledigen. Dabei sind die besten Lösungen freilich die, die gar nicht erforderlich sind, weil die Probleme gar nicht erst aufkommen. Mag es der Vorausschau der DesignerInnen aber auch einmal nicht gelungen sein, etwaige Fehler oder Fehlentwicklungen von vorneherein auszuschließen, so verspricht in dringenden Fällen neuerdings ein sogenanntes Emergency Design Abhilfe.

Dabei wird jedoch oft übersehen, dass in manchen Fällen, die Handlungsoptionen des Designs sich nicht allein auf einen Aktivismus der Behebung (oder im Sinne einer politique du pire auch der Verschärfung) beschränken müssen. In bestimmten Fällen scheint bei eingehender neutraler Betrachtung gerade die Unterlassung von vorschnellen Lösungsversuchen oder gar ein aktives Nichtstun die bessere Wahl. Das kann entweder damit zusammenhängen, dass ein vorschneller Aktionismus unnötig Energien verschwendet und langsamere, aber zielführende Lösungswege dadurch blockiert werden oder, dass das Gedeihen von Lösungsansätzen noch entsprechend Zeit braucht, bis auch das Umfeld paralleler Entwicklungen reif geworden ist – vergleichbar etwa der umsichtigen-vorausschauenden, aber ebenso gelassenen Sorge eines Gärtners. Gutes Design oder gar das beste Design besteht oft gerade darin, Zeit zu verschaffen, Zeit zu geben und sich selbst die erforderliche Zeit zu nehmen, nicht die erstbeste Lösung zugleich für die letztgültige, geschweige denn allerbeste zu halten.

Was aber tun, wenn die Zeiten namentlich dadurch schwierige sind, dass sie drängen? – Nach dem Angeführten dürfte die Antwort lauten:

1. Panik unterlassen und 2. Ruhe schaffen, um sich 3. auf diejenigen Lösungsansätze zu konzentrieren, bei denen wir die Zeit nicht gegen uns, sondern auf unserer Seite haben.

Und sollten Sie sich in Anbetracht der gegenwärtigen Zeitumstände nun die Frage stellen, was das konkret heißen könnte, dann gestatten Sie mir den kleinen Rat: Bleiben Sie einfach mal zuhause und nutzen Sie die Zeit für sich und Ihre Familien oder Freunde.“

Florian Arnold, Doktor der Philosophie und Designtheorie, lehrt als Akademischer Mitarbeiter für Philosophie und Ästhetik an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart.