die Frage: Wie können Verlage von KI profitieren?

04.10.2022
u00a9 Julia Sang Nguyen
u00a9 Julia Sang Nguyen

„Beim Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) haben es Verlage gut. Sie müssen sich zum Beispiel nicht mit der Frage beschäftigen, wie sich ein selbstfahrendes Auto bei einer unvermeidlichen Kollision verhalten soll. „Das Auto, das entscheiden muss, ob es Alte oder Kinder überfährt.“ titelte die „Zeit“ schon vor einigen Jahren. Ein Glück, dass dies nicht unser Thema ist.

In Verlagen haben wir aber große Mengen hochinteressanter Daten. Und wir sind daran interessiert, die Verkaufsaussichten der Bücher gut einschätzen zu können. Ein Fall für Künstliche Intelligenz? Vielleicht, denn wir kennen die Verkaufszahlen unserer Bücher und wir kennen viele beschreibende Daten wie den Namen der Autorin oder des Autors, den Titel, den Untertitel, den Umfang, den Ladenpreis, den Veröffentlichungstermin und vieles mehr. Anhand dieser Daten können wir aber dennoch kein Modell ableiten, das uns den Erfolg eines neuen Buchprojektes vorhersagen könnte. Wir können aber ein KI-System mit diesen Daten trainieren, um Muster zu erkennen und um Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Verkaufsprognosen zu liefern.

Erste Ergebnisse zeigen, dass KI-Systeme das Verkaufspotenzial wohl besser einschätzen können als Menschen. Aber Vorsicht, dies gilt für die durchschnittliche Qualität der Ergebnisse. Im Einzelfall können Menschen sehr viel besser abschneiden als jede KI. Denn Menschen können Informationen und Wissen haben, die sich nicht oder nicht leicht für die KI verwertbar abbilden lassen.

Werden Menschen bei Absatzprognosen also ersetzbar? So schnell wohl nicht. KI-basierte Schätzungen sollten eher als Vorschlag oder zweite Meinung verstanden werden, die uns bei Routineaufgaben aber schon große Zeit- und Qualitätsfortschritte bringen könnten.

Und vergessen wir nicht, Verlage haben nicht als einziges Ziel Verkaufserfolge. Die Originalität und Qualität eines Textes sind wichtige Güter, denen sich nicht nur literarische Verlage verpflichtet fühlen und für deren Beurteilung KI-Systeme zur Absatzprognose nicht gemacht sind.

Könnten KI-Systeme denn aber auch dabei helfen, besonders gute Texte zu erkennen? Auch dafür gibt es Ansätze, aber die Fragezeichen sind deutlich größer. Und das wäre eine andere Geschichte.“


Dr. Andreas Falkinger, Kaufmännischer Geschäftsführer, J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH / Verlag Klett-Cotta