die Frage: Wie wollen wir in Zukunft bauen?

18.12.2019
Foto: Cluster of Excellence IntCDC
Foto: Cluster of Excellence IntCDC

„Die Errichtung und der Betrieb von Gebäuden gehören zu den zentralen Ursachen des Klimawandels. 40 % des globalen Energiebedarfs und 40% des Ressourcenverbrauchs gehen auf Gebäude zurück. Wir müssen den Verbrauch mineralischer und fossiler Ressourcen drastisch senken, um den Forderungen der Klimakonvention der Vereinten Nationen nach einer nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden. Gleichzeitig muss der enorme Bedarf an Wohnungen für die weiter wachsende Weltbevölkerung gedeckt werden. Auch in Deutschland fehlen aufgrund des demographischen Wandels rund 400.000 Wohneinheiten pro Jahr. Derzeit wird nicht einmal die Hälfte des Bedarfs gedeckt. Die Produktivität der Bauprozesse muss drastisch gesteigert werden, tatsächlich stagniert sie aber seit Jahrzehnten. Wir stehen also vor der paradoxen Herausforderung einerseits viel mehr bauen zu müssen, dabei gleichzeitig aber viel weniger an Ressourcen zu verbrauchen.

Diese globale Herausforderung werden wir nur meistern können, wenn wir das Bauen grundsätzlich neu denken: Wie lassen sich Häuser aus lokal verfügbaren, nachwachsenden Rohstoffen herstellen und nach Ende ihrer Nutzung entsorgen, ohne Müll zu hinterlassen? Wie können wir in unseren Häusern wohnen und arbeiten, ohne endliche Ressourcen zu verbrauchen. Wie können sich Gebäude im Tages- und Jahresverlauf an wechselnde klimatische Bedingungen anpassen und so den Energiebedarf reduzieren?

Viele der zentralen Anforderungen an die künftige Architektur erfüllen Konstruktionen der Natur quasi von selbst. Alle pflanzlichen und tierischen Strukturen basieren letztlich auf der Nutzung von Solarenergie. Sie verwenden diejenigen Ausgangsstoffe, die in unmittelbarer Umgebung vorhanden sind und zerfallen am Ende Ihrer Lebensdauer wieder in Grundbausteine, die Grundlage für neues Leben sind. Der entscheidende Vorteil in der biologischen Evolution ist jedoch der effektive Umgang mit knappen Ressourcen. Dies wird erreicht, indem einfache und überall verfügbare Grundbausteine, vor allem Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff, zu sehr fein strukturierten leistungs- und anpassungsfähigen Strukturen gefügt werden.

Einfache Materialien und komplexer struktureller Aufbau: dieses Grundprinzip natürlicher Konstruktionen können wir nur in das Bauwesen übertragen, wenn wir die Möglichkeiten der computerbasierten Planung und robotischen Fertigung voll ausschöpfen, um gänzlich neue Bausysteme zu schaffen. Wie diese aussehen könnten, zeigen beispielhaft die beiden BUGA Pavillons, zwei extrem effiziente Leichtbaustrukturen.“

die Antwort gibt: Pro. Dr.-Ing. Jan Knippers, Leiter des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart