die Frage: Was lernen wir von fantastischen Autoren?

Die Antwort gibt Tobias Wengert, Gründer des Dragon Days Fantastik Festival, www.dragon-days.de

Tobias Wengert, Gründer des Dragon Days Fantastik Festival, www.dragon-days.de

„Science-Fiction Autoren greifen prototypische Ideen auf und visualisieren deren massenhaften Einsatz. Auf der Basis jener naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, die bislang nur in Laboren oder an den Rändern der Gesellschaft erprobt wurden, bauen sie als Visionäre den Masseneinsatz von Technologie in ihre Romane ein. Das ist der Grund, warum die Zukunftsvisionen von Schriftstellern wie Jules Verne oder Arthur C. Clarke auch häufig eintraten. Clarke zum Beispiel nahm das geostationäre Nachrichtensatellitensystem vorweg.

Die Zukunft in Science-Fiction-Romanen ist auch im gesellschaftspolitischen oft von der gegenwärtigen Realität abgeleitet. Teilweise beschreibt sie im Gewand von Zukunftsvisionen den Status Quo. In „1984“ erzählte George Orwell beispielsweise von seinen Erfahrungen mit dem Totalitarismus. Schriftsteller können also die Gegenwart sichtbar machen, indem sie sie in futuristische Kleider hüllen. Ob technisch oder gesellschaftlich – solche Zukunftsentwürfe bleiben „inside the box“.

Es gibt aber auch Science-Fiction Autoren, die „outside the box“ denken. Möglicherweise tun sie das aus Bequemlichkeit, weil sie sich dadurch nicht an bestehende physikalische Einschränkungen halten müssen. Es ist aber auch eine Chance, die Welt aus einem andern Blickwinkel zu betrachten. Während Naturwissenschaftler meistens „inside the box“ denken müssen, fragen Schriftsteller: Geht das auch anders? Übersehen wir Risiken?

Über lange Zeit war Maschinenintelligenz, wie „Skynet“ aus dem Terminator, noch „outside the box“. Sie war vorstellbar, aber nicht erreichbar. Inzwischen sind wir dieser Fiktion nähergekommen. Science-Fiction nimmt technische, soziale und ökologische Entwicklungen vorweg. Mit dem Kommunikator aus der frühen Star-Trek-Serie waren die Eigenschaften des Handys – radikal mobil und radikal klein – bereits definiert.

Science-Fiction kann aufzeigen, wie die Fehler der Gegenwart in der Zukunft zuschlagen. Der Blick in die Zukunft ist also auch ein Blick in die Gegenwart. Science-Fiction stellt Fragen wie: Wo ist die Gesellschaft falsch abgebogen? An welchem Punkt muss die Abzweigung zum richtigen Weg eingeschlagen werden?“